26.11.2011

Landor

Eine Woche nach dem Meekatharra Festival finden die Landor Races statt. Landor ist eine Cattle Station im Shire of Upper Gascoyne (nicht mehr im Meekatharra Bezirk; etwa 300km nord oestlich von Meeka).

Die Landor Races sind ein jaehrliches Event mitten im “Nichts” zu dem viele Besucher und Pferbesitzer bzw –reiter kommen. Es fing damit an, dass 1921 ein paar Stationbesitzer sich stritten wer denn das schnellste Pferd haette – so war der Eastern Gascoyne Race Club geboren.

Jedes Jahr fahren freiwillige “Ambos” (Sanitaeter) aus Meeka nach Landor um dort eventuelle Verletzungen versorgen zu koennen. Kelly und ich dachten uns dass es doch eine ideale Moeglichkeit ist um sich mal die Landor Races anzuschauen! Also ab in den zweiten Krankenwagen und los geht die Fahrt. Eigentlich sollte die Reise nur drei Stunden dauern aber dank der huebschen Blumen am Wegesrand und den huebschen Wasserloechern und Kelly’s Golddetektor haben wir ueber fuenf Stunden gebraucht um endlich im Camp anzukommen. Zwischendurch mussten wir natuerlich auch noch mal am Mount Gould halten und die alte verlassene Polizeistation anschauen.

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DSC_0067DSC_0073DSC_0081DSC_0075DSC_0085Willy Willy

Als wir dann endlich im Camp ankamen, erzaehlt Kurt uns, dass er schon den ersten Patienten hatte, der vom Royal Flying Doctor ausgeflogen musste. Oops, haetten wir uns etwa doch ein bisschen beeilen sollen?

Das Camp am Landor Racecourse hat eine tolle Atmosphaere. Alle sind sehr entspannt, viele Leute bringen ihre Kinder und es ist wie ein grosser, sehr spatanischer Campingplatz. Es gibt Toiletten und Duschen (alles sehr einfach gehalten) und wir hatten sogar das Glueck dass wir eine Art Unterstand mit Wasseranschluss hatten. Das Camp ist unterteilt in “Besucher” und “Alteingesessene” und viele Leute, die jedes Jahr wiederkommen, bauen sich eine Art Huette oder Unterstand – und in dem Hinblick sind die Leute dort sehr kreativ! Ein paar Meeka Leute haben vor 20 Jahren das “White House” erbaut und es Jahr um Jahr verbessert – die haben sogar private Toilettten und Duschen und Betonboden! Luxus!

DSC_0099The White House

Gekocht wurde auf’m Gasherd oder ueber’m Feuer und Kelly und ich hatten den Luxus, einen Campertrailer zu haben, den man ausklappen kann und der ein schoenes geraeumiges Zelt bildet.

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Auch der Bungerra hier fand unser Zelt sehr interessant aber ist lieber zurueck in sein Loch bei den Nachbarn reingekrochen, bei denen er jeden morgen was vom Fruehstueck abbekommt.

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Nun waren wir ja nicht nur zum Vergnuegen da und mussten/durften (je nachdem wie man’s sieht) den Pferden beim Pferderennen hinterher fahren um Leute aufzusammeln, die von ihrem Pferd fallen. Zum Glueck ist waehrend der drei Tage niemand vom Pferd gefallen! Das einzige was Kelly und ich an dem Wochenende gemacht haben, war, einen eingegipsten Arm neu zu verbinden. Also fuhren wir Runde um Runde und versuchten in der dritten Kurve nicht im Matsch ins Schliddern zu geraten. Die Pferde rennen zwischen 60 und 70km/h und es ist unglaublich, aber auf der Strecke haetten wir keinen km/h schneller um die Kurve fahren wollen – wie koennen Pferde sicherer sein als ein Gelaendewagen?

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Auch auf Landor gibt es einen Ball, fuer den sich alle huebsch machen. Kelly und ich jedoch waren ziemlich muede und fanden es besser uns eine Tasse Tee zu machen und am Feuer sitzend zu quatschen. In der Nacht hoerte ich wie zwei Leute in unser Camp kamen und Hilfe brauchten. Einer hatte einen steifen Nacken und der andere Asthma Probleme. Sehr gut, dass Kurt da war, denn so konnten wir weiterschlafen.

Am folgenden Tag gab es dann das grosse Gymkhana (so wie Mounted Games in Deutschland – berittene Spiele) und auch da mussten wir Wache halten fuer eventuelle Verletzungen. Zum Glueck konnten wir aber an einer Stelle bleiben und brachten somit bequeme Stuehle und ein Buch und genossen so den Tag. Wenn man dann nicht mehr sitzen kann, legt man sich einfach auf die Liege im Krankenwagen und macht ein kleines Nickerchen. Hach wie schoen.

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Ich habe es sehr genossen, aus der Naehe Fotos machen zu koennen und habe jetzt viel zu viele Pferdefotos auf meiner Speicherkarte.

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Am Montag gab es weitere Pferderennen, so wie den “Landor Cup” mit dem grossen Preisgeld ueber $3850 fuer den ersten Platz! Der ging allerdings so haarscharf aus, dass alle Zuschauer “Oooh”ten und “Aaaah”ten und es per Foto entschieden werden musste.

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Es tat wirklich gut, fuer ein Wochenende wegzufahren, ohne Internet oder Handy Empfang, und einfach nur Pferde, Staub, Cowboys und Sonnenuntergaenge zu geniessen. Patienten? Ja, doch, zwei Leute mussten ausgeflogen werden und ein paar andere hatten kleinere Wehwehchen. Aber die hat Kurt alle verarztet. Kelly und ich waren entweder nicht da, betrunken, oder am Schlafen. Oops Smile Auch als wir dann nach Meeka zurueck gefahren sind, haben wir einen riesigen Einsatz an einem schlimmen Verkehrsunfall verpasst, da wir etwa eine halbe Stunde zu spaet waren. Pete und Pete mussten die beiden Patienten mit nur einem Krankenwagen verarzten. Sie haben beide ohne Folgeschaeden ueberlebt und somit bin ich recht froh ueber unser Timing!

Meekatharra Outback Festival

Ende September / Anfang Oktober findet DAS jaehrliche Event in Meekatharra statt – dass Meekatharra Outback Festival. In 2009 habe ich es um ein paar Tage verpasst und 2010 musste ich genau an dem Wochenende ausfliegen. Umso mehr habe ich mich auf das 2011 Festival gefreut, das ich endlich mal vollkommen auskosten konnte. Und ich hatte noch einen Bonus: meine liebe Sarah aus Kiel ist mich besuchen gekommen! Ich war heimlich froh dass sie an diesem Wochenende gekommen ist denn ansonsten waere Meeka eventuell doch etwas langweilig gewesen.

Das Wochenende wurde eroeffnet mit der “Family Fun Night” am Sportplatz, mit Karussel, Naschi Staenden, Familien Aktionen, zwei Feuerakrobaten und dem grossen jaehrlichen Feuerwerk. (Silvester darf man hier wegen Brandgefahr und Trockenheit keine Raketen zuenden.)

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Der Freitag abend wurde begossen mit einer “Cowboy Hut und kariertem Shirt” Party bei Pete und Sandy – yeehaaaa!

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Am Samstag morgen wurde der Highway, der durch Meeka fuehrt, fuer die Strassenparade und weitere Shows und Verkaufsstaende gesperrt. In der Gemeindehalle wurden Kunstwerke von Schuelern und von Meeka Kuenstlern ausgestellt und alle Zuschauer hielten den Atem an als der Akrobat seine Messer und Feuerfackeln sehr nah an seinem Schritt vorbei geworfen bekam. Ouch.

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Samstag nachmittag fuhr dann jeder zum Racecourse um die Pferderennen anzuschauen, ein bisschen Geld zu verwetten und ein, zwei oder mehr Bierchen zu trinken. Meine Kollegin Mel organisierte ein paar Preise fuer “Fashion on the Fields” – das schoenste Kleid und der schoenste/ausgefallenste Hut (fuer Damen) und somit hatten viele Frauen einen Ansporn sich huebsch zu machen. Das geniesst jeder in Meeka mal denn so viele Moeglichkeiten gibt es nicht!

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Der Abend klang aus mit noch mehr Bier und der Band “Renegade” – von denen drei der Bandmitglieder auf unserer Hochzeit fuer Musik sorgen werden! Yeeeehaaaa Smile

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Der Sonntag ist der Rodeo Tag – mutige Maenner und Frauen auf wilden Bullen und Pferden mit verschiedenen Aufgaben: solange drauf bleiben wie’s geht; vom bockenden Pferd auf ein zahmes Pferd umsteigen; vom Pferd aus ein Kalb fangen; vom Pferd aus Kaelber treiben; und zum Schluss noch ein bisschen Gymkhana und Barrel Races (so schnell wie moeglich um drei Faesser herumreiten).

Noch mehr yeeeeehaaaaa! Smile

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Am Sonntag abend ging es dann zum grossen Meekatharra Outback Ball in die Gemeindehalle – oh wie sehr ich mich darauf gefreut habe! Alle machen sich huebsch her und tun so als ob sie sehr zivilisiert waeren waehrend sie NOCH mehr Bier trinken Smile

Renegade spielte auch diesen Abend und sorgte fuer super Stimmung bis Mitternacht. Wir haben ordentlich getanzt und getrunken und gegessen und ich habe mich sehr amuesiert! Der Ball ist die einzige Tanzmoeglichkeit die man hier mal bekommt und ich habe es vollkommen ausgekostet.

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Am Montag waren dann noch mehr Pferderennen geplant, die allerdings wegen heftigem Regen in der Nacht zuvor abgesagt werden mussten. Das war mir aber auch egal denn ich war schon wieder im Buero, fleissig am Arbeiten.

Blumen, Blumen und noch mehr Blumen

 

Dieses Jahr hat es recht ordentlich geregnet (schon 350mm dieses Jahr! An 50 Tagen hat es geregnet! Durchschnittlich bekommt Meeka nur etwa 230mm pro Jahr. Im Vergleich: Kiel bekommt jaehrlich etwa 760mm und es regnet an 130 Tagen) und mit “all” diesem Regen konnte die Natur ordentlich was anfangen.

Wir hatten eine wunderschoene Wildblumen Saison Smile

Am Strassenrand waren ganze Felder von pinken Bluemchen und lila Bueschen. Die lila Buesche die etwas aussehen wie eine Flaschenbuerste werden “Tall Mulla Mulla” genannt und die kleinen pinken Blumen, die es massenhaft am Strassenrand gab, sind Sukkulenten deren Name ich nicht weiss. Und dann gibt es noch viele mehr von denen ich die Namen auch nicht weiss!

Viele Touristen kamen durch Meeka und bestaunten diese Meere aus Blumen.

Was mich am meisten verwundert ist: wie koennen die Samen jahrelang durch Duerre und Hitze hindurch ueberstehen nur um dann ploetzlich massenhaft aufzugehen? Unglaublich!

Die Wildblumen Saison ist hier zwischen Juli und Oktober und war dieses Jahr besonders schoen um Paynes Find herum (etwa 300km suedlich von Meeka). Als Pete und ich einmal von Perth zurueck nach Meeka gefahren sind konnte ich gar nicht mehr aufhoeren zu staunen!

Wunder, wunderschoen.

03.08.2011

Ta Tü Ta Ta

Seit Februar diesen Jahres bin ich freiwilliger Sanitaeter fuer St Johns Ambulance Services. Wie freiwillige Feuerwehr in Deutschland nur mit dem Krankenwagen anstatt des Feuerwehrwagens. Hier in Meekatharra und all den anderen kleinen Orten in Australien gibt es keine richtigen Berufs-Sanitaeter sondern nur Freiwillige, da dieses Land viel zu gross und zu duenn besiedelt ist um ueberall 24/7 Berufs-Sanitaeter stationiert zu haben. Nach neun Wochenenden Training, fuer das ich jedes Mal 115km gen Sueden nach Cue und zurueck gefahren bin, bin ich nun voll ausgebildet und erlebe jede Woche etwas neues. Nicht alle Notrufe sind ernst, nein, ich wuerde sagen, 80% aller Notrufe sind bescheuert und die Leute haetten gar keinen Krankenwagen gebraucht. Von einem "schmerzhaften Knoechel" (mit dem nichts verkehrt schien) von einem Patienten, der eigentlich nur wollte, dass wir ihn nach Hause fahren damit er ins Bett gehen kann, ueber generelle Verletzungen, die man bekommt, wenn man sich gegenseitig verhaut und Rumflaschen ueber dem Kopf zerdeppert, zu Epilepsie (was NICHT gut mit Alkohol inhergeht!), Diabetis, Drogenmisbrauch (Klebe und Sprit-Schnueffler...) und der anscheinend sehr weit verbreiteten Krankheit ich-hab-zu-viel-gesoffen-und-will-schlafen-aber-die-anderen-sind-zu-laut-am-Party-machen-also-fahr-mich-bitte-zum-Krankenhaus-damit-ich-ein-sauberes-Bett-und-eine-Mahlzeit-bekommeRitis. Und natuerlich dann die wirklichen Notrufe, wo sich dann mal wirklich jemand ein Bein gebrochen hat, blutet, bewusstlos ist oder eine Herzattacke hat.
Heute, an einem wunderschoenen Sonntag, nach einer langen, guten Party am Samstag abend, wollte ich eigentlich einen entspannten Tag verbringen, Blumen pflanzen, auf dem Rasen liegen und ein Buch lesen oder ein bisschen schlafen. Anstatt habe ich das Notruf-Telefon bekommen, "nur fuer 2 Stunden! Passiert bestimmt sowieso nichts!" - 20 minuten spaeter ein Anruf von der Notruf Zentrale: Priority 1 (heisst: Tatütata und Blaulicht!), ein Auto sei 80km oestlich von Meeka von der Strasse abgekommen und drei mal gerollt mit zwei Leuten drin. Also schnell alle angerufen und beide Krankenwagen genommen und los duesen wir. Nach einer Stunde an dem Unfallort angekommen, waren Polizei und Feuerwehr schon da und die beiden Patienten aus dem Auto raus. Gut! Keine gequetschten Extremitaeten oder gebroche Knochen auf den ersten Blick. Keine Kinder, niemand im Auto eingeklemmt, beide Patienten bei Bewusstsein und lebendig. Schonmal gut! Mit Nackenschmerzen soll man nicht leichtsinnig sein und beim Anblick des Vollschaden Autos war deutlich, dass die Wirbelsaeule gelitten haben koennte, also einen "Collar" (Nackending? Deutsches Wort?) angebracht und Schmerzmittel gegeben. Waehrend der Stunde Rueckfahrt hatte ich viel Zeit, die Patientin, die wir in unserem Krankenwagen hatten, gruendlich zu checken und staendig ihren Puls, Blutdruck, Atmung, Blutzucker und Bewusstseinszustand zu ueberwachen, bis wir im Krankenhaus ankamen und sie an die Krankenschwestern und Doktoren uebergeben konnten. Sie war zwar in Schmerzen aber in einer ziemlich stabilen Kondition und ich denke, dass sie ohne schwere Folgen von diesem Unfall weggehen wird, genauso mit ihrem Mann, der aehnlich wie sie aussah. Was ein geplatzter Reifen so verursachen kann!

Es ist wirklich, wirklich gut, dieses Wissen zu haben. Man weiss nie, in welcher Situation man sich mal befinden wird und Unfaelle koennen jedem und ueberall passieren. Auch zu wissen, dass ich in Notsituation ruhig bleiben und klar denken kann, ist sehr gut. Wenn ich jetzt zurueck denke, finde ich es fast erstaunlich, dass ich (ICH! Svenja Luebbe aus Friedrichsort!) noch vor drei Stunden hinten im Krankenwagen sass und einen Autounfall Patienten versorgt habe. Ob die Frau weiss, dass ich nur ein Freiwilliger Sanitaeter bin und das gar nicht richtig gelernt habe? Und dass ich erst seit ein paar Monaten dabei bin und so gut wie keine Erfahrung habe? Wir freiwilligen Sanitaeter in Meeka hier haben ein Sprichwort, dass es sehr gut beschreibt: "Fake it till you make it." (Tu einfach so, als ob du wuesstest was du tust, bis du wirklich weisst was du tust) und ich denke dass ich mit meinem Stetoskop (ich weiss noch nicht mal wie man das schreibt!) und meiner Uniform sehr professionell aussah. Und sexy.

Auch wenn es nicht schoen ist, nachts um drei Uhr angerufen zu werden, aufstehen zu muessen, den Krankenwagen zu holen und dort hin zu fahren, nur um zu finden, dass der angeblich "bewusstlose" Patient nur betrunken und tief am Schlafen (!) war, oder es ein Spass Anruf war von Kindern die nachts um 3 nichts anderes zu tun haben, als gutmuetige, Vollzeit arbeitende und besorgte Menschen aus dem Bett zu rufen und zu verarschen - trotz all dem ist es eine sehr gute und erfuellende Erfahrung mit viel interessantem Wissen und ich bin sehr stolz ein "Ambo" zu sein!

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