28.07.2010

Alles hat ein Ende (nur die Wurst hat zwei)

Meine Zeit auf Glenayle habe ich genossen. Und mit "geniessen" meine ich, Momente haben, die so eindrucksvoll sind, dass man fuer eine Weile mal vergisst, dass es irgendwann ein Ende hat. Momente, an die man sich noch mit 90 Jahren erinnert. Momente, die einen bewusst oder unterbewusst praegen. Momente, die das Tagebuch mit "Wow, ich hatte so einen klasse Tag heute!!!" fuellen. Und solche Momente hatte ich zu tausenden.




Nicht nur die unzaehligen, atemberaubenden Sonnenauf- und untergaenge zeigen mir, wie gut ich es doch habe, sondern viele kleine Einzelheiten in dem Alltag des Stationlebens. Ich bin Colin sehr dankbar, dass ich lernen durfte, all die Geraete zu fahren. So konnten Linda und ich zum Beispiel richtig helfen, indem sie den Truck mit dem Tipper fuhr und ich den Loader bediente, um Kies/Sand auf einen Haufen zu schieben und dann auf den Truck zu laden. Waehrenddessen arbeitete Colin mit dem Grader und machte die Strasse schoen und glatt. So im Team arbeiten und dabei nuetzlich und notwendig zu sein, bringt Spass! Durch 6 Stunden im Loader fahren hat mein Koerper jedoch das Geruckel und Gewackel in meinem Gehirn verankert und als ich im Bett lag, dachte ich, ich wuerde gleich seekrank :)


Ausser dem Loader hat Colin Linda und mir auch gezeigt, wie man Motorrad faehrt. Zu schade, dass er das kleine blaue nicht anbekommen hat, so mussten wir die gelbe Suzuki (650cc) nehmen. Dadurch hatte ich dann die Moeglichkeit, auf der alten Landebahn auf 70km/h zu beschleunigen, sobald ich gelernt hatte, wie man schaltet. Man, bringt das Spass! (Nicht hingucken, Mama, ich hatte keinen Helm auf...)

Und vom kleinsten Geraet, dem Motorrad, geht's dann naechsten Tag gleich in's groesste Geraet, dem Truck. Doppel-kuppeln, gesplittete Gaenge, 10t Anhaenger. Beruhigenderweise bin ich nur mit 50km/h auf breiter, ebener Gravelroad gefahren, denn es hat mich doch ueberrascht, wie laaaaang es dauert, bis man irgendwann dann mal stoppt, wenn man nur mit dem Motor bremst. Es gehoert schon ein bisschen was dazu, so ein grosses, schweres Geraet in Notfaellen zu beherrschen.


Gluecklicherweise bestanden die letzten Wochen auf Glenayle nicht nur aus Strassenbau und Truck fahren (auch wenn es Spass bringt), sondern aus vielen verschiedenen Aufgaben - wie immer :) So haben wir in der letzten Woche, die ich da war, 4 Windmuehlen repariert.

Anfangs war es noch toll und es machte Spass, die Windmuehle hoch und runter zu klettern und dies und das zu tun (und die fetten Redback Spinnen mit den Rohren hochzuziehen. Zum Glueck koennen die nicht springen, sonst waere ich mit der Kamera nicht so nah herangegangen. Aber toeten tun die nur Kinder oder schwache oder alte Menschen. Ich waere nur fuerchterlich krank geworden bei einem Biss... Beruhigend :) )

Nach der 3. Windmuehle war die Luft dann aber auch heraus. Vorallem, wenn es den ganzen Tag dauert und immer wieder etwas schief geht. Hui, so sehr ich es auch liebe, ich war dann doch ganz froh, als fuer den naechsten Tag Gartenarbeit anstand.

"Baeume trimmen" ist in Australien wie so vieles doch recht anders als in Deutschland. Hier werden nicht zarte, gruene, nach innen wachsende Zweige abgeknipst, nein, wir kommen mit der Motorsaege und saegen alles bis auf den Baumstumpf ab. "In a year or two it'll be all grown back!"

Aber Colin, wie willst du denn da oben rankommen? Wie? Du willst dich in die Schaufel des Loaders stellen und ich fahre dich langsam hoch? Okay?! Ich wusste nicht, dass du mir so sehr vertraust, hehehe. Doch so sehr Colin und ich uns auch manchmal neckisch anzicken, so gemein bin ich dann doch nicht, dass ich ihn "zufaelligerweise" vom Loader fallen lassen wuerde, mit einer Motorsaege in der Hand. Und wie auch anders als heil und lebendig sollte er mir und Linda spaeter beibringen wie man eine Motorsaege bedient? Wieder etwas, das ich lernen konnte und mir bestimmt in meinem Leben von Nutzen sein wird.

Einen Nachmittag sollten Linda und ich den Schafen im Trucking Yard einen Heuballen bringen. Also fuhren wir runter und sahen - oh Schreck - ein recht blutiges Schaf. Was dort hinten raushing musste eine Nabelschnur sein, und der Bauch sah auch recht eingefallen aus, aber wo sind die Laemmchen? Da hoerten wir dann in der Ferne ein zartes "maeaeh". Es muss gerade erst ein paar Minuten geboren sein, war sehr wackelig auf den Beinen und noch ganz nass. Und als wir versuchten, das Lamm in Richtung Mutter zu treiben, hoerten wir noch ein "maeeh"! Noch ein Laemmchen!
Gott, wie suess! Nicht lange danach kam die Mutter dann auch wieder, um nach ihren Laemmern zu schauen, was uns sehr beruhigte, vorallem, da ueber uns im Himmel ein Adler kreiste. Ohne Gewehr konnten wir nichts machen und Colin entschied sich, der Natur ihren Lauf zu lassen. So ist es dann passiert, dass naechsten Tag eines der Laemmer von Kraehen angefallen wurde, die ihm die Augen auspickten. ... Das andere Lamm ist nun mit der Mutter naeher beim Haus und dort hoffentlich sicherer.

Pam's Tochter Jessica kam mit ihrer Tochter Tess fuer 10 Tage zu Besuch. Dadurch wurden die Scrabble Abende um so lustiger und mein australische-Kinderlieder-Wissen hat sich deutlich vergroessert dank Tess. Ich verstehe nur nicht, warum nach einer Weile Colin und Linda so angenervt waren, wenn ich "This old man, he played one, he played knicknack on his drum, ..." sang, pfiff oder auf der Mundharmonika spielte. Ich denke, meine Mundharmonika Kuenste sind unwiderstehlich und Buehnenreif. Sie haben sich auf jeden Fall, seit ich Colin's Mundharmonika gefunden habe, um 100% verbessert. Aber so denke anscheinend nur ich.... ;)


So stoehnten Colin und Linda immer nur, wenn, sobald der Ipod mal wieder kaputt ging, ich freudig die Harmonika zueckte, um zumindest etwas Musik im Auto zu haben. Zu deren Glueck funktionierte der Ipod, als wir mit dem Auto auf die verlassene Nachbar Station Eeraheady fuhren, um Mobbins zu suchen.
Mobbins (Tektiten) sind, platt gesagt, Steine die vom Himmel fallen :) Die allgemein akzeptierte Theorie ist, dass es Erdmaterial ist, dass von dem Aufschlag eines Meteoriten in die Atmosphaere geschleudert wird und dann beim Sturz zurueck auf die Erde schmilzt und dadurch die eigentuemlichen Formen und die Glaesernheit annimmt. Aber wir auch immer sie hier auf die Erde fallen, Linda und ich waren bestimmt, einen grossen Mobbin zu finden, der 30000 Dollar wert ist. Es war etwas enttaeuschend, als wir am ersten Nachmittag insgesamt nur 3 kleine Mobbins gefunden haben. Die Enttaeuschung hat aber recht schnell Freude Luft gemacht, als wir unsere Swags ausbreiteten, Holz sammelten, ein Feuer machten, den Billy ins Feuer stellten und unter einem fantastischen Sternenhimmel die Sternschnuppen zaehlten.
Haaach, wie schoen. Danke, Linda und Colin, fuer die Dingo und Raeuber Gruselstories, die mich trotz meiner erwachsenen Nuechternheit eingeschuechtert haben! Nicht nur lag ich ich aengstlich in meinem Swag, nein auch frierend. Denn nur Australier und Touristen sind so dumm, mitten im Winter bei -4 Grad Campen zu gehen!! Meeein Gott, war das eine lange und kalte Nacht! So sehr habe ich mir noch nie die Sonne herbeigewuenscht! Am naechsten Morgen, als ich dann schon vor dem Sonnenaufgang aufgestanden bin, weil es in meinen Stiefeln wahrscheinlich waermer sein wuerde, als in meinem Swag, hat mich der Frost auf dem Swag und auf meinem Hut nicht gewundert. -4 Grad und wir gehen Campen... Die spinnen, die Australier.

Immerhin hat sich die kalte Nacht dann gelohnt, als wir am folgenden Tag insgesamt ueber 50 Mobbins gefunden haben. Daraus mache ich mir Schmuck! =)

Auf dem Rueckweg nach Glenayle machten wir einen Abstecher zum Lookout des Sydney Heads Pass. Der Schotterpfad wurde steiler und steiler und als das Auto nicht mehr weiter konnte, war es ja noch okay. Aber als es anfing, rueckwaerts zu rollen, fingen Linda und ich an zu kreischen. Als dann Colin auf die Bremse trat und nichts passierte, fingen wir noch mehr an zu schreien! Nach einer Schrecksekunde, Colin hatte natuerlich alles unter Kontrolle, er ist ja ein erfahrener Fahrer, stieg ich schnell aus und entschied, zu laufen. Auf Vierradantrieb umgestellt, hat der alte Nissan es dann doch geschafft. Der Ausblick oben angekommen war fantastisch, aber es gruselte mir doch etwas vor'm Abstieg. Ich lief mal wieder und benutzte die Kamera als Grund, nicht im Auto den Berg herunter zu fahren.

Mittagspause machten wir dann spontan am Imbon Rockhole, ein idyllisches natuerliches Wasserloch. Huebsch huebsch :)

Colin hat anscheinend Spass daran gefunden, steile Huegel herunter zu fahren, und so meinte er es dann doch todernst, als er eines anderen Tages sagte "Now that we're on top of this hill we need to come down some way. That steep part there is fun!" So laut gekreischt habe ich lange nicht mehr! Colin schuettelt nur den Kopf "Warum zum Teufel schreit ihr? Was hilft euch das denn, wenn ihr gerade einen Huegel herunterrollt? Bremsen tut das auch nicht!", Recht hat er, aufgehoert haben wir trotzdem nicht! Unten angekommen wollte ich gleich nochmal! =)



Offensichtlich hatte ich also eine fantastische Zeit sowohl auf Glenayle als auch auf Millrose. Ich habe wunderbare Menschen kennengelernt, habe viele viele viele viele Erfahrungen gemacht und Dinge gelernt, die ich sonst wohl nie gelernt haette, ich habe australische Station Luft geschnuppert, ich bin viele verschiedene Geraete gefahren, ich konnte viel ueber die Flora und Fauna des Landes lernen, sowie vieles ueber Handwerk und natuerlich noch mehr des australischen Englisches (und viele Schimpfwoerter, die ich jetzt hier aber nicht sage!) und noch vieles vieles mehr, das ich jetzt wahrscheinlich noch nicht merke. Was ich allerdings weiss, ist, dass ich die offenen Weiten und das Landleben liebe, vorallem, wenn man viel Platz hat, denn selbst Meekatharra, das kleine Outback Kaff, kommt mir ploetzlich so ueberfuellt und eng vor. Na, das wird ja interessant, wenn ich zurueck nach Deutschland komme :)

05.07.2010

Celery und das Outback

Geregnet hat es! In einer Nacht haben wir etwa 30mm (um den Homestead herum) bekommen und, mein Gott, war das eine Ueberraschung am naechsten Morgen! Zwar habe ich das Trommeln auf dem Dach waehrend der Nacht gehoert, aber die riesigen Pfuetzen und den Fluss zwischen mir und dem Haus habe ich dann doch nicht erwartet! Der Boden war zuvor so trocken, dass er die ploetzliche Menge an Wasser gar nicht aufnehmen konnte und vieles einfach weg floss.

Colin hat hinter einem Damm ein kleines Boot, um das er sich dann mit dem ploetzlichen Regen ein paar Sorgen machte, da es an einen Baum gebunden war. Die Sorgen waren auch berechtigt, denn es fehlte nur noch 1cm fuer das Wasser, um ueber die Kante ins Boot zu laufen und es zu versenken. Also was macht Colin? Steigt in das Bauch-tiefe kalte, dreckige Wasser (natuerlich mit Jeans, Jacke und Stiefeln), waded da hin und rettet es. Durch seine mutige Aktion konnten wir dann schoen eine Runde mit dem Boot durch die Gegend sausen und schauen, wie tief das Wasser an anderen Stellen ist. Gegen die starke Stroemung des Creeks (Bach/Fluss) kamen wir aber nicht an! Beeindruckend, wie 30mm hier die Landschaft total veraendern!


Das war leider aber auch der einzige Regenfall, den wir hier in der Zeit, die ich hier bin, hatten. Es hat einige Buesche und das Spinifex gruen gemacht, aber Gras konnte nicht wirklich wachsen. Weiter draussen (nicht um's Haus herum) hat es wohl mehr geregnet, weswegen das Vieh abgewandert ist, um dort Futter zu finden. Schaetzungsweise sind auf Glen-Ayle etwa 4000 Kuehe, aber ohne Zaeune und Grenzen und auf einer Flaeche so gross wie die Kreise Rendsburg-Eckernfoerde und Ploen zusammen (!!!), weiss man nie wirklich, wo sie sich aufhalten.

Ich LIEBE die australischen Weiten! Immer wieder entwischt mir ein "Wow", wenn wir ueber eine Huegelkuppe fahren und die einzige Grenze fuer das Auge nur noch die Erdkruemmung am Horizont ist. Auch liebe ich es, Stunden um Stunden durch den Bush zu fahren, um Windmuehlen abzuklappern und zu checken, ohne jemals auf eine Menschenseele zu treffen. Wie gesagt, eine Flaeche so gross wie die Kreise Rendsburg-Eckernfoerde und Ploen zusammen mit 3 Menschen. 3. Drei. Auf so einer riesen Flaeche. Wie viele Bauern alleine wuerden in Deutschland auf so einer Flaeche sein? Und dazu noch ein paar Staedte und viele Doerfer. Irre. Hier teilen wir das Land mit 4000 Kuehen und Bullen, vielen Kaengurus, einigen Kamelen, ein paar Dingos, 100 Schafen, 5 Millionen Fliegen und natuerlich Spinnen und anderen Tieren.

Da Australien so eine duenne Besiedlung hat (vorallem im Western Australian Outback), ist der Royal Flying Doctor Service unverzichtbar, um schnell und effizient Menschen im Bush medizinische Hilfe zukommen zu lassen. Der RFDS hat auch ein "RFDS on the road" Service, um Menschen hier auf den Stations und in abgelegenen Communities auf den neuesten Stand in Sachen Gesundheit und Notfall zu bringen. Also lernten wir ueber einer heissen Tasse Tee ueber Schlangenbisse, Nadel Injektionen, und und und. Klasse Service und sogar kostenlos! Wirklich wirklich gut und sehr interessant! :)


Als die Strassen langsam trocken wurden, konnten wir auch wieder die Windmuehlen checken und reparieren gehen. Die "Millruns" geniesse ich sehr! Durch den Bush fahren, Fotos von Kaengurus, Kamelen und sonst was machen, gute Musik hoeren und Mittags dann Tuetensuppe mit Tee essen ("The tea just adds to the flavour" ...), oder einen Spinifex Busch anzuenden und eine Dose Spaghetti oder Bohnen reinstellen und aufheizen. Und weiter geht's auf der 200km langen Runde um die Windmuehlen.



Einmal wollte Colin ein Kamel schiessen und die Beine zum Essen abschneiden. Was ich dachte, sei nur ein Witz, stellte sich sehr schnell als Realitaet heraus, als mit einem Knall die Kamel Kuh am Boden lag. Zuerst sass ich noch da mit aufgerissenen Augen und etwas geschockt, doch schnell ueberkam mich die Neugier und ich verfolgte alles sehr genau. Sehr sehr erschreckend/beeindruckend fand ich doch, wie schnell ein grosses, starkes Lebewesen nur noch zum "Fleisch-Status" reduziert wird. Das Messer gezueckt und ein Loch in die Kehle geschnitten um es direkt ausbluten zu lassen, wurde auch sofort damit angefangen, das Hinterbein und das Porterhouse im Ruecken herauszuschneiden. Hui. Das musste ich erstmal verarbeiten!
Kamel schmeckt aber sehr gut. Und dieses Tier hatte definitiv ein besseres Leben als die "normalen" Huehner und Kuehe und Schweine, die in Massenhaltung gemaestet und dann in einer kalten, metallenen, lauten Schlaechterei getoetet werden. Dann lieber doch ein wildes Kamel, dass sein Leben lang unter dem freien Himmel leben konnte und dann auf einmal kurz und unerwartet zu Boden faellt.

Nachfolgend haben wir noch 3 andere Kamele an anderen Tagen geschossen, sie dann aber nicht gegessen, was ich etwas schade finde. Wenn man schon toetet, sollte man das Tier auch nutzen, denke ich. Andererseits kann ich die Leute hier auch verstehen, denn die Kamele sind nunmal eine eingefuehrte Art und eine "Pest" fuer das Land, zerstoeren Flora und Zaeune und essen den heimischen Tieren das Essen weg. Kompliziertes Thema.

Ich finde es sehr schoen zu sehen, wie Colin, Lou und Pam und ueberhaupt die Station Leute hier ihre Umwelt sehen. Bevor ich herkam, dachte ich es waeren knallharte Buschleute, die abschiessen, was ihnen in den Weg kommt und alles machen, um Geld zu bekommen. Aber nein! Colin kommt mir eher wie ein Ranger vor, der nach den Tieren und Pflanzen schaut, recht viel Mitgefuehl und Verstaendnis fuer die Oekologie des Landes hat und nur toetet oder zerstoert, wenn es sein muss. Man merkt deutlich, dass er eine gute Zukunft fuer die Familie und die Station will, aber weiss, dass man mit der Natur zusammen arbeiten muss und sie nicht nur ausnutzen darf.


Neben Windmuehlen checken, Booten retten und Kamelen schiessen haben wir noch vieles vieles mehr gemacht. Wir haben angefangen, einen Zaun um das Haus herum zu bauen. Einen richtigen Zaun aus Mulga Baumstaemmen, huebsch zurecht gesaegt und mit Draht zusammen gehalten. Sieht sehr gut aus, ist aber ein Haufen Arbeit! Mulga Baeume suchen, finden, faellen, auf den Anhaenger laden, zurueck fahren, Loecher buddeln, Baumstaemme reinstellen, zubuddeln, Staemme zurecht saegen, Rails zurecht saegen, reinlegen, Loecher bohren, fest machen mit Draht. Fertig. Naechstes Stueck! Hui :) Meine Arme sind definitiv staerker geworden!

Zum Glueck lebe ich aber im Jahr 2010 und wir haben Maschinen fuer vieles. So haben wir hier eine Strasse ausgebessert und brauchten noch etwas mehr Gravel. Ich weiss ja nicht, wie vor 100 Jahren Leute mit Schaufel und Schubkarre Strassen gebaut haben, aber ich finde Erfindungen wie Bulldozer, Loader, Truck und Grader doch recht angenehm! Und es bringt auch einen Heidenspass, sie zu fahren! Mit dem Bulldozer haben Linda und ich jeder etwa 100 Tonnen Erde aufgeschoben, mit dem Loader laden wir Heuballen auf Anhaenger und den Truck und Grader ist Linda auch schon gefahren. Wir sind voll ausgebildet fuer die Baustelle! :) Auch mit (uralten, roedeligen) Autos und Anhaengern in rauem Terrain sind wir mittlerweile geuebt und ich muss schon umdenken, wenn ich dann ab und zu ohne Anhaenger fahre "Wie? Ich kann jetzt einfach rueckwaerts fahren und normal lenken? Hui, das ist ja einfach!"

Nicht nur mit Maschinen koennen wir umgehen, wir lernen auch das Handwerk mit Werkzeugen und vorallem deren englische Begriffe. Plies, spanner, screwdriver, drill, clippers, tongs und einiges mehr sind im normalen Vokabular mittlerweile enthalten. Vorallem lernt man es, wenn Colin/Lou/Rex in 7 Meter Hoehe ungesichert an der Windmuehle haengen und runter rufen "Spanner and bolts please!" - ungern willst du sie dort oben lange warten lassen oder die falschen Werkzeuge hochreichen. Ich weiss nicht, wie oft ich schon Windmuehlen hoch und runter geklettert bin, aber die Muskeln in meinen Beinen und Po sind gute Zeugen :) In Deutschland waere so ein "unsicheres" Arme-Beine-Po Training aber sicherlich nicht erlaubt, denn man kann ja nicht einfach ungesichert alte wackelige Tuerme hochklettern! Ist das denn versichert? Und was sagt der Anwalt?! ...

Ich geniesse nicht nur die australische Lockerheit sondern auch den australischen Winter. Ja, man hat mich schon fluchen gehoert "Bloody hell, it's FREEZING!" aber es ist immer noch viel viel viel viel viel besser als der deutsche Winter, denn hier scheint immerhin die Sonne! Wir hatten schon Frost auf dem Rasen und standen bei 3 Grad abends zitternd mit einem Bier in der Hand am Feuer, aber tagsueber wird's in der Sonne dann doch zwischen 15 und 35 Grad. Ja, wir hatten schon 4 Grad am Morgen und 32 Grad Mittags. Herrlich! Hier am Rande der Wueste wird es zwar bitterlich kalt, aber solange die Sonne scheint, bin ich gluecklich!

"Gluecklich" ist sowieso ein Wort, das mein Leben momentan dominiert. Mein Gott, geht es mir GUT! Es ist einfach alles so gut! So verdammt gut! Ich bin hier auf einer australischen Station im Outback, die Sonne scheint, ich bin gesund, ich habe eine Familie die mich liebt, ich bin motiviert und voller Ideen und Zielen, und ich habe Spass und sammle Erfahrungen, die mir niemand jemals nehmen kann. Ist das nicht klasse? So oft passiert es mir, dass ich etwas sehe, was mir den Atem nimmt und ich stehen bleibe und denke "wow, ich bin so gesegnet, dass ich das sehen und erleben darf!" und oft sind es Kleinigkeiten. Einmal habe ich mit Dinga und Little Dog Ball gespielt und warf den Ball in Richtung Laemmchen (Noisy hat Freunde bekommen, dazu gleich). Bei dem Anblick der heranfetzenden Hunde rannten die beiden Laemmer los und huepften dann mit den Hunden froehlich durch die Gegend. Was fuer ein erfrischender Anblick! Ein anderes Mal war ich auf Millrose Station fuer 2 Wochen und sass eines Abends auf dem Rande der Verandah, um den Sonnenuntergang anzuschauen. Die Huendin Shiva setzte sich neben mich und so sassen wir da zusammen, waehrend etwa 200 Meter von uns entfernt ein paar Kaengurus lang huepften. Wie kitschig aber doch so schoen :) Besonders, wenn man es nicht erwartet, passieren doch immer die atemberaubendsten Momente. So musste ich eines Nachts auf Toilette und stolperte frierend mit meiner kleinen schwachen Taschenlampe von meinem Raum zur Toilette, immer auf der Hut vor Spinnen oder Schlangen, als ich aufschaute und der grosse, runde, volle, gelbe Mond zwischen der schwarzen Silhouette zweier Baeume stand, mit vielen hellen Sternen drum herum. Wow! Die Kaelte war schlagartig vergessen.

Der Kaelte trotzen wir mit Feuer, warmen Klamotten und Bier. Richtig bedaechtig wird es dann, wenn der Generator und somit die Lampen ausgehen und man unter einem riesigen, funkelnden Sternenhimmel im hellen Mondschein sitzt, mit einem Bier und einer Zigarre in der Hand, die einzigen hoerbaren Geraeusche sind das Prasseln des Feuers und das Didgeridoo (ich muss noch viel ueben!) ... keine Autobahn oder Stadt im Hintergrund, nichts! Manchmal wenn man im Bush ist und den Motor des Autos abstellt, tut die Stille schon fast weh in den Ohren!


Wie ich schon erwaehnt habe, hat das Lamm Noisy Freunde bekommen! In ihrem Alter ist das Lamm "Stinky", welches wir so genannt haben, weil es Mist auf dem Kopf hatte, als wir es gefunden haben. Und ganz neu jetzt ist ein kleiner Bock (nicht einmal 1 Woche alt), den wir passenderweise "Tasty" getauft haben. Noisy, Stinky und Tasty.

Nicht jeder findet die Namen schoen, ich aber finde sie brilliant :) Gerade gestern hatte ich Tasty auf dem Arm um ihn zu kuscheln, als ich ploetzlich ein dezentes "prrftschbl" hoerte und ich mich fragte ob er nur pupst, oder...? Und schon fuehlte ich etwas warmes auf meinem Schoss und der Geruch von Lamm-Durchfall kroch mir in die Nase... Nun nenne ich ihn Kacki...!

Das Station Leben ist also nicht nur Gaensebluemchen und Sonnenschein :) Aber wenn Lamm-Durchfall meine groesste Sorge ist, dann geht's mir ja doch ziemlich gut, oder?



Vor ein paar Tagen sind Colin, Steph, Linda, das andere deutsche Maedel Joey und ich 100km zum Lake White, einem Salzsee gefahren. Colin wollte 2 Eimer voll Salz holen (das Salz benutzen wir als normales Speisesalz und es ist so lecker!) und natuerlich wollten wir Maedels den Salzsee sehen. Wir fuhren an dem Well 11 der Canning Stock Route vorbei, was schon interessant war, aber dann ploetzlich die unendliche, flimmernde Flaeche des trockenen Salzsees zu sehen, war surreal! Ich liebe, wie solch super beeindruckenden Landschaften hier in Australien so sehr normal und um jede Ecke sind. So ein Salzsee waere in Deutschland eine total ueberlaufende Touristenattraktion, und hier kommen 5 Schluempfe angelaufen, latschen ueber den See mit ner Schaufel und 2 Eimern und buddeln ein bisschen im Salz herum. Und keinen interessiert's :)

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